In den letzten Tagen steht die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) wieder im Zentrum medialer Aufmerksamkeit. Nicht nur die Krisenzentren und die Krisenpflege stehen unter massivem Druck, sondern die gesamte Wiener Kinder- und Jugendhilfe. Es geht hier nicht nur um Einzelfälle, sondern um strukturelle Probleme, die endlich ernsthaft diskutiert werden müssen.
Auch der aktuelle Jahresbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft zeigt deutlich: Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe steht unter hohem Druck. Fehlende Ressourcen, steigende Anforderungen und überlastete Strukturen gefährden den Schutz und die Stabilität, die Kinder und Jugendliche brauchen.
Wir von der UG*younion sagen klar: Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe braucht einen fachlichen Diskurs und eine grundsätzliche Neuordnung – orientiert an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen.
Was Kinder und Jugendliche brauchen
- Stabilität und Verlässlichkeit – gerade in Krisenzeiten.
- Bindungsorientiertes Arbeiten – keine Strafen, keine „Erziehungslager“. Unterbringung muss immer Schutz bedeuten, niemals Bestrafung.
- Praxisnahe Konzepte und klare Anleitungen – statt abstrakter Vorgaben, die an der Realität vorbeigehen.
- Qualität in der Betreuung und in den Zuschaltungen – Beziehungsarbeit muss wieder ins Zentrum rücken.
Die Realität
Unsere Kolleg*innen geben tagtäglich ihr Bestes. Sie gleichen Mängel aus, entwickeln kreative Lösungen und sind oft die Einzigen, die Kinder und Jugendliche in akuten Notsituationen stabilisieren können. Doch sie arbeiten am Limit. Wer das übersieht, riskiert nicht nur die Gesundheit der Beschäftigten, sondern auch den Schutz der Kinder.
Gleichzeitig zeigen sich massive Lücken im gesamten System: Die Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie versagen regelmäßig dort, wo Familien dringend Unterstützung bräuchten. Frühzeitige therapeutische Angebote fehlen und Wartezeiten sind zu lang. Therapien für Kinder und Jugendliche müssen frühzeitig Kassenleistungen sein – nicht Luxus, sondern Selbstverständlichkeit. Auch präventive Arbeit, etwa durch gut finanzierte Kindergärten und Schulen, braucht deutlich mehr öffentliche Mittel.
Was es jetzt braucht
- Echte Beteiligung der Praktiker*innen an Konzeptentwicklung und Reformen.
- Stärkung der Fachlichkeit – Fachlichkeit vor Bürokratie.
- Attraktivere Bedingungen für Krisenpflegefamilien und Dauerpflegefamilien, damit Kinder in Not eine stabile, liebevolle und verlässliche Begleitung erfahren.
- Kontinuierliche Fachentwicklung und eine laufende Qualitätskontrolle der Arbeit – nicht als Kontrolle „von oben“, sondern als gemeinsame Weiterentwicklung mit Raum für Selbstreflexion und Kritikfähigkeit.
- Ein Ende der Haltung, nach außen Probleme zu negieren und nach innen systemische Mängel auf einzelne Mitarbeiter*innen abzuwälzen. Es braucht Offenheit für neue, alternative Konzepte – und den Mut, bisherige Strukturen ernsthaft zu hinterfragen.
Als UG*younion stehen wir für eine Kinder- und Jugendhilfe, die solidarisch, gerecht und unabhängig arbeitet – und die die Würde und Rechte von Kindern sowie die Professionalität der Beschäftigten ins Zentrum stellt.
Wir fordern: Schluss mit kosmetischen Korrekturen. Es braucht eine ehrliche Diskussion darüber, wie die Wiener Kinder- und Jugendhilfe zukunftsfähig wird. Denn Kinderschutz darf niemals ein politisches Spiel sein – er ist ein Grundrecht.
Links:
der Standard: Wenn die Krisenpflege in der Krise steckt
orf on: Großer Engpass bei Krisenpflege
